Kanaren - Kap Verden - Brasilien

 

Für die Überfahrt, und vor allem für den Aufenthalt in der Karibik, brauchten wir natürlich Lebensmittelvorräte. Denn nach unseren Informationen war dort alles teurer.

Wir wussten noch von unserem letzten Besuch dass die Preise auf den einzelnen Inseln sehr unterschiedlich waren. Es waren damals überhaupt große Unterschiede zwischen den Inseln. Diese wurden von Gran Canaria und Teneriffa aus verwaltet. Die zwei Verwaltungen waren sich spinnefeind. Selbst die Polizei arbeitete bei geringeren Delikten als Mord nicht zusammen. So kauften wir also rund die Hälfte auf Lanzerote, die andere auf Teneriffa. Das hieß dass man bei jedem Gang in die Stadt so viel mitbrachte wie man tragen konnte.

Auf Graciosa hatten wir Jürgen und Delia kennen gelernt. Delia war Philipina und die Zwei waren auf dem Weg in ihre Heimat. Delia war schwanger und wollte auf den Kanaren ihr Kind zur Welt bringen. Und obwohl sie schon monatelang im Land, d.h. auf Lanzerote war spielten die Behörden verrückt als sie sich in Gran Canaria nach einem Krankenhausbett für die Geburt umsah. Philipinos bräuchten ein Visum und sie müsse das Kind auf der Yacht zur Welt bringen. Buchstäblich erst im letzten Moment hatte dann ein höherer Beamter ein Einsehen und sie durfte ins Krankenhaus.

Wir lagen in Arrecife im Fischerhafen von Lanzerote. Die Einfahrt war in keiner Weise schwierig. Man musste halt ein Riff umfahren das aber betonnt und befeuert war. Trotzdem knallte mindestens eine Yacht pro Woche drauf. Vor allem Franzosen. Man war darauf schon vorbereitet, holte die Yachten auf den Kai und schweißte oder lamierte ein neues Stück Bordwand ein.

Eines Tages lief Hartmut mit seiner "Vakalele" ein. Jürgen der ihn von der Südsee her kannte sagte gleich der kann nicht ankern. Wir sind später in Brasilien monatelang zusammen gesegelt. Er konnte es wirklich nicht. So war er natürlich auch in Arrecife, wir ankerten alle, dauernd auf Drift. Mein Anker dagegen saß bombenfest.

Vor allem als ich ankerauf ging, d.h. gehen wollte. Da ich in dem Dreckwasser nicht tauchen wollte zog ich alles nach oben. Die Ankerwinsch schaffte es natürlich nicht allein. Aber mit allen Tricks ging es dann doch. Zum Schluss kam ein riesiger Stockanker zum Vorschein. Jürgen und Hartmut, die mir mehr mit Rat als mit Tat halfen, meinten von dem würde ich in den Hurrican Gebieten träumen. Aber ich konnte ihn leider nicht mitnehmen denn er wog so rund 500 kg. So benutzte ihn fortan Hartmut als Muring und hatte endlich Ruhe.

Wir hingegen segelten direkt nach Teneriffa in die Darsena Pesquera, den Fischerhafen von Santa Cruz. Dort war es zwar sehr dreckig aber der Hafen war gut geschützt, kostete nichts und hatte eine gute Busanbindung zur Stadt. Aber als wir unsere Einkäufe erledigt und den Nordteil der Insel erkundet hatten gingen auch wir nach Los Christianos im Süden.

Dort verbrachten wir Weihnachten und den Jahreswechsel. Es stürmte dann auch prompt sowohl an Heiligabend wie auch an Silvester. Ich hatte zuvor den Anker eines größeren Wracks das am Ufer lag im Wasser entdeckt. Dem war die Kette gebrochen aber für unsere Yacht war sie dick genug. Drum machte ich daran fest und hatte Ruhe!

Anschließend gingen wir noch auf die dortige Werft um neue Unterwasserfarbe aufzubringen bevor wir dann am 25.1.1989 zu den Kap Verden starteten.

Die Überfahrt verlief recht ruhig. Nur einen Tag lang mussten wir U-Boot spielen denn durch hohe Kreuzseen kam viel Wasser an Deck. Was ich befürchtet hatte traf dann auch prompt ein. Als wir nach einer Woche dort ankamen war die Sicht durch den Sanddunst sehr schlecht. Es war ja noch, zumindest bei uns, die Vor-GPS Zeit und wir hatten schon einige Tag die Sonne nicht mehr schießen können. So hatten wir natürlich keinen verlässlichen Standort. Als vorsichtiger Mensch habe ich mir dort lauter Inseln ausgesucht die einen ausprägten Küstenschelf hatten so dass man sich mit dem Echolot rantasten konnte.

Werner, mit dem ich im Mittelmeer viel zusammen war, hat dort gleich 2x sein Schiff verloren. Es waren beide Male Katamarane, erst beim 3. Versuch mit einem Einrumpfboot kam er dann weiter. Das lag natürlich nicht am Einrümpfer sondern er hatte es endlich gelernt nachts nicht auf ein Licht zuzuhalten bis es kracht. Auf der Insel Sao Tiago sprach mich dann am Strand ein Franzose an den ich flüchtig von Lanzerote her kannte. Als er noch ein Schiff hatte. Der war auf der östlichsten der Kapverdeninseln gestrandet, dort fällt die Küste sehr steil ab. Als er in dem Dunst vor sich Felsen auftauchen sah war alles schon zu spät. Außer dem nackten Leben hatte er und seine Familie nichts gerettet.

Als wir damals schon abdrehen und weitersegeln wollten sahen wir einen als vorgelagerte Insel identisierbaren Schatten und konnten uns in die danebenliegende Bucht tasten. Ein paar Tage später haben wir dann in der daneben liegenden Bahia Mordeira auf der Ilha do Sal einklariert. Das Einklarieren war so umständlich dass es fast eine Woche gedauert hat bis alles erledigt war. Zum Glück mussten nicht wir sondern der dortige Hafenmeister rumrennen.

Das sind dann halt die Nachteile wenn man die etwas abgelegeneren Plätze besucht. Wir besuchten nur die östlichen Inseln und es gefiel uns sehr gut dort. Dagegen hat es so ziemlich allen nicht gefallen die normal angesteuerte Insel Sao Vicente anliefen. Leider waren wir halt mit Februar vom Wetter,d.h. vom Wind her, etwas zu früh dran. Ich erinnere mich an einen Ankerplatz. Der wurde auf der einen Seite durch in interessantes Wrack und auf der anderen durch ein Riff das sehr nach Fisch und Langusten aussah begrenzt. Aber der Wind blies so stark ablandig dass es zu gefährlich war das Schiff zu verlassen. Wenn da etwas mit dem Außenborder passiert wäre wären wir auf dem Weg nach Brasilien gewesen. Da wollte wir zwar hin aber nicht mit dem Dinghy. Später im Jahr soll es dann ruhiger sein wie mir gesagt wurde.

So starteten wir am 2. März zu unserer ersten Atlantik Überquerung. Diese dauerte 26 Tage bis nach Salvador de Bahia. Vor allem durch eine 6 tägige Flaute in der Gegend von 29 Grad West. Wir hätten zwar genügend Diesel gehabt. Aber ich finde immer das gehört beim segeln eben dazu. Heutzutage führen manche Yachten ja zum Teil noch einige hundert Liter Diesel in Kanistern an Deck mit. Vor allem auf der Rückreise nach Europa motoren sie dann quer durch das Azorenhoch. Ich finde immer die wären mit einer Motoryacht besser dran.

Die Doldrums kreuzten wir genau in dem in den Oceanpassages of the World für den Monat angegebenen Gebiet. Wir kamen auch sehr gut durch. Vorher haben wir mal einen ganzen Tag lang Schauer gejagt um Wasser zu fassen. Auf den Kap Verden war es schwierig zu bekommen gewesen. In Praia der Hauptstadt von Sao Tiago hätte ich dazu eine Genehmigung der Stadtverwaltung gebraucht und auf Boa Vista für jeden Kanister ewig lange anstehen müssen. So begnügte ich mich lieber mit ein paar Kanistern die ich auf einem Frachter auffüllen konnte.

Beim 1. Schauer freuten wir uns dass wir duschen konnten und der ganze Sandstaub aus dem Rigg kam. Dadurch haben wir das auffangen ganz vergessen. Bewusst einen Schauer zu erwischen ist gar nicht so einfach. Aber wir schafften es und konnten genügend auffangen.

Für die Überquerung des Äquators hatten wir extra eine Flasche Sekt mit feuchten Tüchern in den Wanten gekühlt. Nur um beim Mittagsbesteck festzustellen dass wir es an dem Tag nicht mehr schaffen würden. Wir hatten aber soviel Selbstdisziplin und tranken sie dann erst bei der Überquerung am anderen Tag.

Wir wollten eigentlich bis nach Rio und von dort der Küste entlang nach Norden. Aber mit Salvador nur noch 4 Tagreisen entfernt gab es kein Halten mehr als der Wind nach der o.a. Flaute wieder einsetzte. Während der Flaute hörten wir im Radio dass in Brasilien gerade ein Transportarbeiterstreik war. So hat sich der Passat halt denen angeschlossen denn genaugenommen ist er ja auch Transportarbeiter.

Wir ließen es uns gut gehen. Deckten das Schiff mit der großen Sonnenpersenning ab und lasen. Ich schoss auch ein paar Fische die sich unter dem Schiff ansiedeln wollten. Lediglich die Weinvorräte nahmen dabei ziemlich ab. So kamen wir ganz erholt in Salvador an.

Überhaupt machten wir nie schnelle aber immer für Schiff und Mannschaft erholsame Reisen.

In Salvador zeigte uns dann Tino ein australisch/schweizer Segler wo es da so lang ging. Vor allem das Einklarieren wäre allein sehr schwierig gewesen. Jedes Amt in einem anderen Stadtviertel in irgendeinem Hochhaus. Und natürlich auch gleich wo man am besten US Dollar in Crusados wechseln konnte. Damals war es ein Sarggroßhändler in der Oberstadt.

Man hatte wie meist eine galoppierende Inflation. Solange wir noch auf dem Meer waren hatte man am Crusado einige Nullen gekappt so dass er mit dem Dollar 1 : 1 stand. Als wir angekommen waren stand er aber schon wieder so etwa 1:10. Als wir Brasilien dann 6 Monate später wieder verließen, besser verlassen mussten, stand er schon bei 1: 80. So wechselte also jeder Geschäftsmann abends seine Kasse in Dollar um. Auch wir begannen jeden Tag in der Stadt mit einem Gang zum Sarghändler.