Französisch Guyana

 

Die Abreise verlief problemlos. Nur hatten wir in den 6 Monaten unsere Seebeine verloren und es fiel uns alles sehr schwer. Dazu kam dass wir zuerst fast keinen Wind hatten und uns deshalb treiben ließen um auf ihn zu warten. Das gab beim schlafen vom festhalten in der Koje einen riesigen Muskelkater. Ich nahm gegen Kopfweh ein Aspirin und stellte fest dass es auch sehr gut gegen den Muskelkater half.

Schließlich kam der Wind und die eigentliche Reise begann. Wir wollten so in 100-200 SM Abstand der brasilianischen Küste folgen. Näher getrauten wir uns wegen Piraterie nicht heran. Von anderen Yachten hatten wir in Salvador so einige Horrorstories gehört. Von Fischerbooten die erst abgedreht hatten als die Yachtis in die Luft geschossen hätten usw. Mir war zwar klar dass nicht jedes Fischerboot das einem nahe kommt auch Böses vorhat. Denn meist kommen sie ja nur aus Neugier und Langeweile so nahe. Ich wollte mich jedoch auf nichts einlassen, zumal ich außer der Leuchtpistole und der Pressluftharpune nichts zur Verteidigung geeignetes an Bord hatte.

So etwa nach 4 Tagen hatte sich das Wetter beruhigt und der SE-Passat sich durchgesetzt und es lief fast eine Woche lang sehr schön.

Wir hatten natürlich sehr viel an Vorräten eingekauft denn französisch Guyana war teuer. So war man dauernd beschäftigt Zwiebeln zu trocknen und andere Früchte zu sortieren. Und in unseren vielen Spaghettis waren Käfer. So saßen wir in der Sonne im Cockpit und machten aus langen Spaghettis kurze indem wir die befallenen Stellen rausbrachen.

So etwa auf der Höhe von Fortaleza wurde der Wind dann immer stärker und der Sonnenuntergang sehr bunt. Wir sagten uns dass die Vorzeichen eines Hurricans genau so aussehen müssten. Wir waren aber sicher im Hurrican freiem Gebiet. An 2 Tagen erreichten wir Rekord Etmale von über 200 SM. Das erreichten wir nie wieder. Und alles nur unter der 22 qm großen Schwerwetterfock.

Als wir später dann in Cayenne eintrafen erfuhren wir dass unsere Wetterprognose richtig gewesen war. Der Hurrikan "Hugo" hatte die Karibik aufgemischt und schwere Schäden angerichtet. Er hatte einen Schwanz gehabt der bis zu uns runter reichte. In Cayenne kamen immerhin noch die meisten Yachten ins treiben.

Bei uns gingen die unheimlichen Erscheinungen in einer der nächsten Nächte weiter. Da gab es plötzlich ganz komische Lichtreflexe am Himmel. Nach einiger Zeit erkannten wir dann dass da ein Schiff kam, welches Lichtsignale gab. Das Morsealphabet beherrschte ich nie über die Kennung eines Funkfeuers hinaus. Und das auch nur nach vielen Wiederholungen. So konnte ich mir so lange keinen Reim darauf machen bis das Schiff näher kam. Da sahen wir dann dass an Deck geschweißt wurde. Eigentlich ganz klar dass man so was unter dem Äquator bequemer bei Nacht macht.

Aber damit noch nicht genug. In einer der nächsten Nächte ging es am Himmel los. Es hörte sich an als ob da ein Dutzend Düsenjäger sich eine Luftkampf liefern würden. Dann plötzlich ein lauter Knall und die Ruhe war wieder hergestellt. Wie wir dann in Cayenne erfuhren war wieder mal eine Ariane explodiert, und das genau über unseren Köpfen. Da wir das damals nicht wussten hatten wir auch keine Angst vor den herunterfallenden Trümmern der Rakete.

Aber dann passierte nichts mehr bis wir nach 17 Tagen in Cayenne ankamen.

Ab der Mündung des Amazonas segelten wir dann nur noch in trübem schlammigen Wasser, selbst 100 SM von der Küste entfernt. Wenn man in französisch Guyana, egal wo, einen Eimer Wasser an Deck holt setzt sich darin mindestens 1 cm Schlamm ab. Natürlich auch nach jeder Benutzung im Pump-WC.

Darum war natürlich auch der Cayenne River, vor allem der Anleger, total verschlammt. An Land gehen konnte man nur bei Hochwasser. Bei Niedrigwasser stand der Anleger 100 m im Schlamm. Das war sehr ärgerlich wenn man zu spät aus der Stadt kam. Die Franzosen die dauernd dort wohnten und an Land arbeiteten hatten alle flachbodige Beiboote. Diese konnte man dann mit einem Brett durch den Schlamm drücken. Aber eine Riesenschweinerei blieb es trotzdem.

In der Stadt gab es eine Uferpromenade von der aus man aber nur auf mangrovenbewachsene Schlammbänke sah worüber ich mich wunderte. Auf älteren Postkarten sah ich dann dass das nicht immer so gewesen war und die Promenade damals durchaus Sinn machte.

Wir gingen auch bald nach Kourou und den dort vorgelagerten Inseln. Diese heißen Ile de Salut, wohl ein Witz wenn man bedenkt dass sie viele Jahre als Zuchthäuser und Internierungslager gedient hatten. Bekannt wurden sie ja bei uns durch das Buch und den Film "Papillon". Das Buch ließ ich mir von Sabine als Reiseführer mitbringen.

Schade dass auch dort das Wasser so schlammig war. Da war an tauchen und fischen mit der Harpune nicht zu denken. Aber man fing genügend Fische mit der Angel.

Die Inseln und die Gebäude darauf sind hochinteressant vor allem die Zuchthäuser. Auf einer Insel gab es ein kleines Hotel und auf einer anderen ein Aklimatisierungs und Erholungscamp der Fremdenlegion. Die Legionäre waren in ganz französisch Guyana die einzigen die schwere körperliche Arbeit leisteten. Sie bauten die meisten Strassen und legten Bade und Spielplätze für Kinder an.

Wenn der Start einer Ariane bevorstand wurden die Inseln immer geräumt, sie lagen genau in der Flugrichtung. Und damals explodierten oder stürzten mehr Arianes ab als ihre Umlaufbahn erreichten.

Auch in Kourou lag man in einem Fluss. Dort trafen alle die ich so von Brasilien her kannte ein. Mit kleinen Booten war der Fluss weit ins Land hinein befahrbar. An den Ufern gab es nach ca. 3 km nur noch Regenwald. Überhaupt hatten die Franzosen bis damals nur so etwas an der Küste gekratzt. Das ganze Hinterland war unerschlossen und nur mit Boot oder Flugzeug zugänglich.

Es wird dort auch Gold gefunden und jedermann konnte eine Goldgräberlizenz erwerben, auch eine Urlaubslizenz. So traf ich mal ein französisches Paar die jedes Jahr zum Goldgraben kamen. Man wurde dabei nicht reich aber die Flug- und sonstigen Kosten kämen immer raus.

Dort lernten wir auch Gerd und Regine kennen. Diese segelten auch schon jahrelang und hatten die Welt schon umsegelt. Gerd war Zimmermann von Beruf und arbeitete unterwegs immer mal wieder. So auch in Guyana wo er Bungalows für eine Ferienanlage baute. Als er damit fertig war weigerte sich der Hotelier die vereinbarte Summe zu bezahlen. Gerd hatte als Schwarzarbeiter keine Möglichkeit an sein Geld zu kommen. Wohl hatte er aber eine Motorsäge. Damit sägte er nachts kurz und klein was er umsonst aufgebaut hatte. Aber dann verließ er das Land ganz schnell.

Zuvor hatte er Hartmut seine Flinte verkauft. Diese wurde dem dann als er sie in Martinique nicht anmeldete konfisziert. Dazu wurde er noch sein letztes Geld für die saftige Strafe los. Sicher hatte ihn ein anderer Yachti verzinkt. In Martinique bekam nämlich der Denunziant 10 % der Strafe als Belohnung.

Ich machte auch mal eine "Expedition" in den Regenwald. Mit Stiefeln wegen der Schlangen und komplett angezogen wegen den Moskitos. Aber im dichten Urwald rührt sich ja kein Lufthauch, so war es wärmer als in der Sauna. Nach 3 Stunden hatte ich genug und ging zurück. Auf einer Segelyacht geht vor Anker immer ein wenig Wind zum Kühlen sodass es dort gut auszuhalten ist.

Als Sabine kam gingen wir wieder nach Cayenne um sie am Flughafen abzuholen. Wir mussten sie ja bewachen denn sie brachte uns 10.000 US$ in bar mit. Damals war es mit der Kreditkartenakzeptanz noch nicht weit her. So hatten wir immer einen Bargeldvorrat an Bord versteckt.

Sie brachte noch einen jungen Mann mit der gerade zwischen Abitur und Studium auch 3 Monate Zeit hatte. Sie hatten ihn in Skandinavien kennen gelernt und gemeint er wäre praktisch veranlagt und pflegeleicht. Das stellte sich aber als Irrtum heraus. Selbst auf meinen Charterfahrten hatte ich nie so eine Flasche an Bord.

Als Sabine aus dem Flugzeug stieg hatte sie zu meinem Schrecken einen Arm in Gips. Im Taxi ging es schon los "der Gips muss weg der juckt". Da ging es mir dann erst auf dass der Gips keine medizinische Notwendigkeit war. Vielmehr hatte ihn nur ein befreundeter Arzt für den gefahrlosen Transport unserer US$ hingemacht.

Für die teure Karibik sammelten wir dann noch auf den Ile du Salut einen großen Vorrat an Kokosnüssen ein. Ich meine es waren rund 100 Stück. Natürlich mussten die an Land erst noch "entbastet" werden. Nach einigen Versuchen mit Machete usw. entsann ich mich mal im Fernsehen gesehen zu haben wie das in der Südsee gemacht wird. Dazu riss ich von einem Gitter des Zellentraktes einen spitzig zugerosteten Eisenstab ab. Der wurde dann in der Erde mit ein paar Steinen verkeilt. Damit ging die Arbeit dann schnell und professionell. Der Stab blieb an Bord als Brecheisen und diente hauptsächlich dazu verschossene Harpunenpfeile aus Korallen und Felsen zu lösen. Und auf den Werften um ein Loch unter den Kiel zu graben damit er weiter herausgelassen werden konnte.

Da man auf dieser Insel mit dem Dinghy nicht landen konnte warfen wir die fertigen Nüsse ins Wasser und sammelten sie dort ein. So waren sie gleich noch von Insekten befreit.

Anfang November war die Hurrican Zeit in der Karibik zu Ende und wir machten uns auf den 600 SM Trip nach Tobago. Von unserem Mitsegler Rolf hatten wir unterwegs keinerlei Hilfe. Er verschwand nach einigen Stunden seekrank in seiner Achterkajüte und kam erst in Tobago wieder raus.

Dort kamen wir nach 6 Tagen an, d.h. angekommen wären wir nach 5 aber ich wollte das beliebteste Spiel der Neger-Behörden nicht mitspielen. Darum warteten wir beigedreht den Nachmittag und Nacht ab um zur Geschäftszeit einklarieren zu können. Das Overtime Spiel läuft so. Man muss dort unmittelbar nach dem Einlaufen einklarieren. Wenn man also nachmittags sichtbar ankommt verschwinden die entsprechenden Leute einfach. Pünktlich um 4 Uhr wenn der Überstundenzuschlag fällig wird sind sie dann wieder alle da. Und heben die Hand auf um den Überstundenzuschlag zu kassieren, der teilweise sehr teuer ist.

Dies gilt in allen schwarzen und ex-englischen Staaten der Karibik. Nur dort in allen weißen Staaten nicht. Overtime habe ich in all den Jahren in der Karibik nie bezahlt.

Das klingt jetzt alles etwa rassistisch und ich mach auch gar keinen Hehl daraus dass sich in mir in dieser Zeit ein gewisser Rassismus aufgebaut hat. Der allerdings auf die englisch sprachigen Schwarzen beschränkt ist. Diese fand ich total verhetzt und immer bereit einen " Whiti " zu linken trotz aller oberflächlichen Freundlichkeit.

Die französisch, spanisch, portugiesisch oder holländisch sprechenden Schwarzen würde ich nie abfällig beurteilen.

Ich habe mir oft den Kopf darüber zerbrochen woher diese Unterschied wohl kommen. Von den englischen Kolonialherren oder von den amerikanischen Touristen die kaum in nichtenglisch sprechende Länder gehen. Oder vom Fernsehen das ungefiltert von den USA übernommen wird und ein ganz falsches Bild wie der " weiße Mann lebt" vermittelt.