Die ersten Reisen im Mittelmeer


Mittlerweile war das Schiffchen, " Moby Dick" hieß es, seefest ausgerüstet. So starteten wir zu einem 4-wöchigen Yugoslavien-Törn durch die Kornaten. Crikvenica-Split und wieder zurück. Es war schön und problemlos auch wenn uns manchmal die Bora und Gewitterstürme etwas zu schaffen machten. Aber wir hatten unser Handwerk ja gelernt.

Segelwechsel, ein- und ausreffen lief alles wie geschmiert. In dem Zusammenhang ist es interessant wie hoch man so als Anfänger den Wind immer einschätzt. Bei Windstärke 6 war man überzeugt es sei mindestens 8 und von einer Windanzeige konnte man höchsten träumen. Das fiel mir wieder mal so richtig auf als ich kürzlich mit einem seglerisch unerfahrenem Freund auf dessen selbstgebauter Yacht in Griechenland mitsegelte.

Das einzig bemerkenswerte an der Reise war dass dabei, irgendwo in den Kornaten, unsere Tochter gezeugt wurde. Wenn man wegen Seekrankheit spuckt muss man ja eine neue Pille nehmen. Dies wusste meine Frau damals noch nicht. Die Tochter nannten wir aber trotzdem Sabine und nicht " Tropi ".

Das nächste Jahr, 1967, wollten wir ursprünglich mit drei gleichen Yachten im Konvoi von Griechenland in die Türkei segeln. Daraus wurde dann aber nur ein Törn zu dritt auf einem Schiff. . Die anderen hatten kein Geld und bei uns kam die Tochter dazwischen. Das hieß dann bei mir : gehe du ruhig mit wenn du vorher eine Lebensversicherung abschließt. Bei der Geburt kannst du doch nicht helfen und anschließend kommt meine Schwester die ja Säuglingsschwester von Beruf ist. Vertrauensvoll und blauäugig wie ich war dachte ich nie daran was ich da an Munition aus der Hand gab. Diese reichte bis zu Scheidung 35 Jahre später. Bei jeder passenden, aber auch unpassenden, hieß es dann immer nicht " mal bei der Geburt deiner Tochter warst Du da ".

Der Griechenlandtörn verlief etwas chaotisch um es mal so auszudrücken. Da war nämlich wenige Wochen zuvor der Staatsstreich der Militärjunta gewesen. Wir kamen in Volos an und wollten dort das Schiff zu Wasser lassen. Bei den Hafenbehörden wurden wir zur Ausstellung eines Cruising-Permits gefragt wo wir segeln wollten. Wie das Leben so spielt nannten wir lauter Inseln auf denen alle Leute die den Militaristen nicht passten interniert waren und gefoltert wurden. Da gab es dann großes Geschrei, das sei ganz unmöglich und so weiter. Ein Elektriker der im Büro eine Lampe montierte sprach deutsch. Er hat dann für uns gebürgt dass wir uns nicht politisch betätigen würden.

Wir bekamen dann dadurch eine Sondergenehmigung dass wir uns, mit Ausnahme einiger Inseln, frei bewegen durften.

Diese haben wir dann auch prompt verschlampt. Kein Wunder bei dem Tohuwabohu an Bord. Es hat auch nur ganz zum Schluss mal ein übereifriger Küstenwächter beim Kap Sunion danach gefragt. Da sind wir halt eben ganz schnell ausgelaufen. Damals war in jeder Kneipe und ähnlichen Plätzen ein bewaffneter Soldat postiert. Mein Freund Georg, mit dessen Schiff wir segelten war noch im Krieg gewesen. Er hat dann mit den gelangweilten Soldaten "Griffe geklopft" . Zweimal hat er die Gewehre entladen weil sie sturzbesoffen Zielübungen auf die Gäste machten.

Doch zurück zum Segeln. Von Volos aus ging es entlang der nördlichen Sporaden,Skiathos,Skopelos, Skyros nach Chios. Das heißt nach Chios wollten wir eigentlich gar nicht denn davon hatten wir als einziger Insel dieser Ecke keine Seekarte. Aber gerade dahin hat uns ein "Sturm" verschlagen. Heute würde ich dazu Starkwind sagen.

Da machten wir dann mehrere Fehler und hatten sehr viel Glück. Der Sturm hat für einige Zeit nachgelassen, sollte aber lt. Wetterbericht wieder auffrischen. Diese Pause wollten wir nutzen und uns per nächtlicher Augennavigation in einen Hafen mogeln. Was uns nach einer Grundberührung dann auch gelang. Am nächsten Tag feierten wir dann alle Geburtstag. Der Wetterbericht hatte recht es blies ganz schön.

An einem der nächsten Tage sind wir dann in die Türkei gesegelt. Nach einigen Nachtstops in wunderschönen einsamen Buchten kamen wir dann in Kusadasi an und klarierten ein. Das Ausklarieren in Griechenland hatten wir vergessen. Damals gab es natürlich keine Marina, man lag am Grosschiffskai. Das Einklarieren war das gleiche Prozedere wie für die Grosschifffahrt. Wir schauten ein paar Tage Stadt und Umgebung an. Für Evi, damals Ende 20 mit langen blonden Haaren, haben sie uns im Basar Geld geboten wenn wir sie dalassen und ohne sie abfahren würden. Ich weiß heute nicht mehr wie viel aber es waren über 1oo $.

Das haben wir aber nicht gemacht sondern sind gemeinsam über Mykonos nach Athen und hinter Euböa zurück nach Volos gesegelt. Dort haben wir wieder das Schiff auf den Anhänger verladen. Die Rückfahrt auf der Autoput durch Yugoslawien mit ihren Millionen Schlaglöchern war dann natürlich ein Schlauch. So langen Straßentransporte haben wir dann nicht mehr gemacht. Überhaupt gingen dabei immer viel zu viele der kostbaren Urlaubstage verloren.

Das nächst Jahr segelten wir dann wirklich im Konvoi mit 3 gleichen Schiffen in Jugoslawien.

Wenn man bedenkt und es so über Jahre sah wie sich Jugoslawien hochgearbeitet hat ist die spätere Entwicklung wirklich tragisch. Ich war das erstmals 1955 auf einem Campingurlaub mit meinen Eltern dort. Damals sah man auf jedem Marktplatz Männer sitzen die Nägel gerade klopften und verkauften. In den Jahren 1965 - 70 als wir dort segelten wurde dort schon alles hergestellt und gab es alles zu kaufen. Als hier in Deutschland nicht mal Medikamente mit einem Verfallsdatum versehen waren hatte dort schon jede Bierflasche eines.

 Damals sah man in Jugoslawen noch kaum Yachten. Wenn man eine andere traf so unterhielt man sich von Bord zu Bord oder ging zusammen in die nächste Ankerbucht oder Hafen zum Erfahrungsaustausch. Funk hatte ja niemand damals. Überhaupt können sich die ganzen Segler heute gar nicht vorstellen wie das damals so lief. Es gab ja keine Marinas, Yachtkranen o.ä.. Die Hafenhandbücher der Kreuzer Abteilung waren gerade erst im entstehen und so gab es nur die Yachtführer von Denham. Die waren zwar gut aber absolut nicht auf Traileryachten zugeschnitten. Man kam also mit dem Gespann irgendwo an und dann ging die Rennerei los. Man hatte natürlich auch kein Geld also musste man alles selber machen. In Pula z.B. wollte die Werft einen Wahnsinnspreis für das Kranen haben. Da wurden wir dann schließlich mit dem Kapitän eines Sandbaggerschiffes einig dass er uns an seinem Baggerarm ins Wasser hob. Als wir dann nach 4 Wochen zurückkamen kostete es dann natürlich gleich das doppelte. Dann ging es weiter, wo Auto und Anhänger lassen. Man wollte es ja nach der Seereise noch fahrfähig vorfinden. Die Zeit der "Einwegautos" die man am Zielort verschenkte oder stehen ließ kam erst Jahre später mit dem großen Schiff.

Die Segelei musste einen schon ganz schön am Haken haben um das alles mitzumachen. Ich glaube nicht dass, wenn es heute noch so wäre, so viele Segler größere Reisen machen würden.