Kuba

 

Ende Oktober gingen wir wieder nach Belize. Es war aber doch noch etwas zu bald denn es entwickelte sich noch ein Hurrican in der Gegend. So blieben wir einige Tage in einem geschützten Ankerplatz und warteten ab was daraus werden würde. Dieser Hurrican, den Namen habe ich vergessen, verhielt sich ganz untypisch. Er wanderte nämlich in der Karibischen See nach Westen. Er wurde nicht sehr stark aber der Schwell aus der "falschen" Richtung richtete z.B. in Martinique ziemliche Schäden an.

Anschließend entwickelte sich bei mir etwas, nämlich ein Furunkel im Rücken. Als es immer schlimmer damit wurde ging ich schlussendlich in das Karl Heuser Hospital in Belize City. Dort wurde er mir herausgeschnitten. Und sogar kostenlos und sehr schnell. Innerhalb von einer halben Stunde nach Betreten des Krankenhauses konnte ich es operiert verlassen. Der kubanische Arzt arbeitete exzellent, es bliebt fast keine Narbe. Im Gegensatz dazu war ein Dr. Gneiting in Trossingen ein wüster Metzger. Der hatte mir Jahre vorher fast an der gleichen Stelle eine Furunkel rausgeschnitten und ein Riesenloch hinterlassen.

Aber noch besser war ein Blatt Weißkraut als ich 1 Jahr später wieder einen hatte. Nach einem Naturheilbuch wurde das Kraut etwas zerquetscht und darauf gebunden. Nach 2 Tagen floss der Eiter ab und der Fall war erledigt.

Zum Jahresende kam Sabine für 4 Wochen und wir klapperten zusammen nochmals ganz Belize ab. Dabei ist uns etwas lustiges passiert. Sabine und ich waren morgens mit dem Dinghy unterwegs um etwas essbares zu organisieren. Wir fanden einige Lambi Muscheln auch als Conch oder Venusmuscheln bekannt.

Als wir zum Schiff zurückkamen war es Mittag und sehr heiß. So legten wir die Muscheln unter das Schiff auf den Sandboden und machten erst mal Siesta bevor es ans schlachten ging. Als wir nach 2 Stunden wieder ins Wasser gingen waren uns von den 5 Muscheln 4 entlaufen. Zwei davon fanden wir nach langem Suchen ziemlich weit entfernt wieder. Zwei hatten den Weg in die Freiheit geschafft. Ich hätte nie geglaubt dass diese Viecher mit ihrem schweren Schalen so schnell laufen könnten. So sind uns also im wahrsten Sinn des Wortes die Schnecken entlaufen.

Da die Moskitos Sabine sehr lieben haben wir mit ihr immer nur Ankerplätze angelaufen die wir als moskitofrei kannten aber trotzdem wurde sie fast gefressen. Als der Rest von ihr den die Moskitos übriggelassen hatten abgeflogen war gingen wir nochmals zurück nach Guatemala um für Kuba kräftig einzukaufen. Es wurde dann aber doch Ende März ehe wir loskamen und nach Kuba ausklariert hatten.

Gleich in der ersten Nacht auf See bekam ich furchtbare Schmerzen gegen die auch das stärkste Schmerzmittel das wir an Bord hatten nichts half. Wir beschlossen wenn es wieder hell wäre durch das Riff zurück nach Belize zu gehen um zu einem Arzt zu kommen. Aber genau so plötzlich wie der Schmerz kam war er nach ein paar Stunden wieder weg. Es war vermutlich ein Nierenstein gewesen er abging.

Drum änderten wir am anderen Morgen den Kurs wieder auf Cayo Largo im Süden Kubas wo wir einklarieren wollten. Dies ist eine reine Touristen Insel und die Behörden standen in gutem Ruf. Um ein einigermaßen ruhiges Schiff zu haben gingen wir nicht so hoch an den Wind wie wir eigentlich sollten. Drum kamen wir an der Isla de Juventud raus und mussten noch 2 Tage längs der Riffkante nach Osten kreuzen.

Unterwegs wäre ein Zusammenstoss mit einer Yacht vorprogrammiert gewesen. Außerhalb der Schifffahrtsstrassen legten wir uns morgens wenn es hell war meistens nochmals hin. Diesmal sah ich, als ich gerade in die Koje abtauchen wollte, eine Segelyacht steuerbord voraus. Da ich sehen wollte wer das war blieb ich im Cockpit. Schon bald sah ich dass wir Kollisionskurs hatten, wollte aber sehen was so passieren würde und änderte den Kurs nicht. Außerdem hätte ihn sowieso der andere ändern müssen. So saß ich aufmerksam im Cockpit und griff erst ein als wir nur noch 20 Meter von seiner Bordwand entfernt waren die wir genau mittschiffs getroffen hätten. Die andere Yacht, ein ca. 14 Meter langer Franzose reagierte weder auf Zuruf noch auf Funkanruf.

Damals dachte ich nur dass der Franzose sich als es hell wurde schlafen gelegt hatte, wie wir es bis dahin auch meist gemacht hatten. Erst später als vor allem einige Yachten verschwanden dachte ich manchmal dass mir da vielleicht eine fette Bergeprämie durch die Lappen gegangen sei. Wir zumindest legten uns auch am hellen Tage nicht mehr hin ohne alle ca. 20 Minuten einen Blick in die Runde zu werfen. Das ganze passierte so etwa je 120 SM von Kuba und Mexiko entfernt.

Als wir, nach vorheriger Anmeldung über UKW, in Cayo Largo einliefen kamen wirklich 12 Mann und 2 Hunde an Bord wie wir es gehört hatten. Genaugenommen waren es keine 12 Mann es waren auch 3 Frauen dabei. Aber sie kamen nur in Gruppen von 3 Personen und waren ausnahmslos nett, höflich und entschuldigten sich für die Umstände die sie machen müssten. Von den Hunden war einer auf Sprengstoff der andere auf Rauschgift trainiert. Der Rauschgifthund war so high dass er 2x ins Wasser fiel. Die Sprengstoffhunde hatten sie seit die Amerikaner einen Hotelkomplex sprengten um das Tourismusgeschäft zu stören. Natürlich taten das die Amerikaner nicht selbst. Sie ließen es von Exilkubanern machen. Wie sie ja auch nicht foltern. Sie lassen ja im Lohn im Ausland foltern.

Insgesamt sind die Behörden im Süden Kubas viel relaxter als im Norden oder im Osten in der Nähe von Guantanamo. So verlief die ganze Prozedur in lockerer Atmosphäre. Selbst als der Zöllner unsere Gemüsevorräte in dem Moment entdeckte als meine Frau dem Agrarinspektor im Cockpit erklärte das wir kein Gemüse mehr an Bord hätten. Wir hatten deshalb so große Vorräte weil wir 4 Wochen, bis wir zum verlängern der Papiere sowieso an Land mussten, in der Cayeria, der Inselwelt, bleiben wollten. Die Cayeria sind die Jardines de la Reine, die Gärten der Königin. Dies ist ein Riffgebiet, rund 300 SM lang und 50 breit, mit vielen kleinen Inselchen und unzähligen Ankerplätzen. Und Fisch und Langusten in einer Menge die ich heutzutage nicht mehr für möglich gehalten hätte.

Die Langusten sind wirklich fast die Ankerkette hochgeklettert so viele gab es da noch oft sogar am Ankerplatz. Und wenn man mal an einem Tag etwas anderes essen wollte so kam meist abends noch ein Fischkutter auf den Ankerplatz und die Besatzung schenkte uns einige Langusten damit sie die obligate Flasche Rum als Gegengeschenk bekam. Die Fischerboote werden beim ein und auslaufen auch streng kontrolliert und dürften keinen Alkohol an Bord haben. In der Praxis lassen sie dann halt ihr Haschisch und ähnliches in einer Plastiktüte verpackt in den Mangroven hängen wenn sie an Land gehen.

Kontrollen gab es zumindest damals keine weil man keinen Treibstoff hatte wie uns die Beamten offen sagten. Auf dem Cayo Anclita gab es ein Touristen Fischcamp mit vielen Franzosen. Die waren richtig froh wenn sie die Fische die sie geangelt hatten verschenken konnten.

Schnell waren unsere 4 Wochen rum und wir mussten nach Casilda um unsere Papiere verlängern zu lassen und einzukaufen. Nur wenige Kilometer dahinter liegt die Stadt Trinidad die sehr schön erhalten ist. Als wir Mehl kaufen wollten um wie üblich unser Brot zu backen erfuhren wir dass es in Kuba kein Mehl und auch kein Brot zu kaufen gibt weil es das Brot umsonst auf Lebensmittelkarten gibt. Aber schnell hatten wir einen Kubaner kennen gelernt der jemand kannte der in einer Bäckerei arbeitete und Zugang zu Mehl hatte. Wir mussten nur voraus bezahlen und das Verpackungsmaterial stellen und konnten anderntags unser Mehl abholen.

In Guatemala hatten wir gehört dass es in Kuba gerade keine schwarzen Bohnen geben würde die ja zum Nationalgericht gehörten. So nahmen wir viele mit um einen Tauschartikel zu haben. Aber als wir ankamen gab es schon wieder genug, und viel billiger. Dafür gab es gerade keinen Spiritus um die Petroleumkocher vorzuheizen mit denen dort meist gekocht wird.

Insgesamt fand ich die Kubaner, Behörden eingeschlossen sehr nett und hilfsbereit. Wohl weil keiner viel hat und es kein Werbefernsehen gibt fehlt der Neid und die Gier. Es geht den Kubanern ja auch viel bessern als der Masse der Menschen in Honduras, Guatemala und Belize. Dort geht es ja nur einer kleinen Elite sehr gut und der Rest muss sehen wo er bleibt. In Kuba dagegen gibt es eine erstklassige medizinische Versorgung und auch die Schulbildung ist sehr gut. Kuba war auch das einzige Land in dem die Polizisten und sonstiges Wachpersonal keine Schusswaffen trugen. Nicht wie in Trinidad wo jeder Bierlastwagen einen mit einer Pumpgun Wächter dabei hat.

Fidel Castro wird mindestens so verehrt wie bei den Katholiken der Papst. Aber manche Sachen waren für uns doch gewöhnungsbedürftig. So z.B. dass ein Kubaner im eigenen Land in der Strandbar eines Touristenhotels erst fragen muss ob er eine Cola bekommt. Und sie nur bekommt weil wir als Touristen ihn eingeladen haben. Die Touristenghettos sind bewusst an abgelegen Plätzen gebaut, nicht ans Busnetz angeschlossen und werden nur von den teuren Taxis angefahren. Zumindest im Süden. Auch mit der Yacht wird man in teure Marinas gedrängt die weit abseits liegen und nicht in den Fischerhäfen vor den Städten.

Trotzdem war es für uns unwahrscheinlich billig. Abgesehen von den Behördenkosten, Visum, Cruisingpermit etc reichten uns 5 $ in Pesos gewechselt für den ganzen Aufenthalt.

Als wir Casilda wieder verließen erwischte uns in der Nacht ein Tornado und riss uns das ganze Unterliek vom Grossegel ab. Der Tornado war so klein dass das viel morschere Vorsegel wenige Meter daneben unbeschädigt blieb. Noch eine ganze Zeit hörten wir ihn durch die Gegend heulen und hatten Angst dass er zurückkäme. Bis dahin hatten wir uns nie um Wasserhosen gekümmert künftig aber schon. Auf den Bay Islands in French Harbour sahen wir dann mal einen Tornado auf dem Meer so nahe vorbeiziehen dass man genau den Wasserberg unter ihm sah den er anzog.

So war dann auf dem nächsten Ankerplatz Cinco Balas erst mal ein Tag Segel nähen angesagt bevor ich mich wieder den Fischen widmen konnte. Den nächsten Monat arbeiteten wir uns langsam zum nächsten Behörden und Versorgungsplatz vor. Dies war die Stadt Manzanilla am Ost Ende der Jardines de la Reina.

Die Kopien der kubanischen Seekarten waren exzellent wie auch die 2 amerikanischen Buchkopien die wir hatten. Die Seekarten waren die ersten die ich hatte die GPS genau waren. Alle anderen stimmten so um ein paar hundert Meter nicht weil die Vermessungen zum Teil hundert Jahre zurücklagen.

Als wir nach Manzanilla kamen waren die Ufer um die Stadt voll mit Fischkutterwracks. Von den alten Ferrozementbooten fuhren noch sehr viele waren aber bei den Fischern gefürchtet. Sie brachen nämlich oft plötzlich auseinander, selbst bei ruhigem Wetter oder vor Anker. An jedem 3. Ankerplatz lag so ein Wrack. Ich bin mir nicht sicher ob wegen mangelnder Pflege oder Materialermüdung. Es begegneten uns nämlich öfter Boote von denen wir glaubten sie seien rot gestrichen. Und wenn sie dann näher kamen sahen wir dass das Rot Rost von der Armierung war. Wenn diese dann durchgerostet ist ja keine Stabilität mehr da. Die Boote waren groß, so um 16 Meter mit 6-8 Mann Besatzung. Zum Teil wurden die Langustenschwänze gleich an Bord gekocht und eingefroren.

Da ich mich einst auch für Ferrozement interessiert hatte war ich froh dass ich die Finger davon gelassen habe.

Als die Behörden an Bord kamen erfuhren wir dass Manzanilla mittlerweile kein Port of Entry mehr sei und wir in Santiago de Cuba ausklarieren müssten. Dies wäre noch eine Reise von fast einer Woche gewesen und bis wir dort wären wäre unsere Aufenthaltsdauer abgelaufen. So empfohlen wir uns auf französisch und sind deshalb immer noch in Kuba einklariert. Natürlich nicht ohne vorher noch für die Reise zurück in die Ostkaribik kräftig eingekauft zu haben. Durch Vermittlung des Hafenkapitäns konnten wir auch noch bei einem Grosschiffsausrüster zu Großabnehmerpreisen einkaufen. So billiges Bier habe ich in der Karibik nie gehabt.

Am 4. Juni verließen wir dann Kuba mit Ziel Martinique.