Bootsbau

 

Ich will Sie hier nicht mit den Details langweilen, es gibt ja mittlerweile genügend Bücher über Yacht und Bootsbau. Gute und weniger gute. Deshalb halte ich dieses Kapitel kurz und gehe nicht in die Details. Darum werde ich hier eher schreiben was in den anderen Büchern meiner Meinung nach zu kurz kommt. So hat meines Wissens nie jemand geschrieben wie viel Zeit man allein mit dem Materialeinkauf zubringt. Der Selbstbau lohnt ja nur dann wenn man auch da alle Möglichkeiten nutzt.

In der Karibik lernte ich einen Segler kennen der dies nicht bedachte und alles bei Niemayer einkaufte. Dort werden sie über ihn heute noch lachen. Er baute eine Kunststoffyacht in der Größe einer Maramu von Amel. Das Material kostete ihn soviel dass er sich dafür eine neue Maramu hätte kaufen können. Im Gegensatz dazu baute später ein Freund eine Aluminium Hydra. Dieser tat sich mit 6 oder 8 anderen Selbstbauern zusammen, zum gemeinschaftlichen Einkauf, und baute so recht preiswert. Das sind so die Extreme die mir bekannt wurden. Doch nun zu Thema.

Da ich im Garten bauen wollte und unser Klima kannte war ich mir klar dass ich eine frostsichere Helling bauen musste. Ich würde ja nie in nur einem Sommer den Rumpf fertig bekommen. Dann bettelte ich mir überall das Material für eine Helling zusammen. Dieses brauchte ich für ca. ein Jahr, dann konnte ich es ja wieder zurückgeben.

Zuerst hatte ich von Reinke die Baupläne und eine Lizenz zum Bau einer " Super Secura" gekauft. Vor Weihnachten lieh ich mir einen Anhänger und kaufte mir Winkeleisen um über die Feiertage mit dem Bau der Spanten beginnen zu können. Die hatte ich schon vorher im Maßstab 1:1 auf möglichst großen Spanplatten aufgerissen.

Den Winter über baute ich also die Spanten und andere Kleinteile in meiner "Werkstatt" . Diese war zugleich Heizraum und Öllagerraum. So was nahm man damals, 1975 noch nicht so genau. Ist ja auch nie was passiert!

Im Frühjahr ließ ich mir dann alle Blechplatten für den Rumpf liefern und begann den Bau. Auf der Helling wurden zuerst die Spanten aufgestellt. auf denen war die Wasserlinie angezeichnet. Nach dieser wurden sie in den richtigen Abstand gestellt und mit einer Schlauchwasserwaage ausgerichtet. Zur Fixierung des ganzen brauchte ich Unmengen von Hilfsmaterial bis die Außenhaut dann alles zusammenhielt. Da wäre es schön gewesen wenn ich Kontakt zu einem Stahlbaubetrieb gehabt hätte.

Schön wäre auch ein Kran oder so was gewesen. So hielt mir ein williger und kräftiger Nachbar die zugeschnittenen Platten in Position bis ich sie angeschweißt hatte.

Ihm und meinen anderen Nachbarn nochmals Dank für die Hilfe und Geduld meinen Dreck und Krach zu ertragen. Wenn es unbedingt sein musste auch am Sonntag.

Ich habe es damals für etwas ziemlich selbstverständliches angeschaut. Später erst habe ich mehrere Selbstbauer getroffen die von ihren Nachbarn aus Wohngebieten verjagt, d.h. hinausgeklagt worden sind. In einem Fall noch ganz kurz vor der Fertigstellung.

Lustig war so das Geschwätz im Ort das man immer wieder so erfahren hat. Zuerst hieß es, als nur die Spanten standen, was baut den der für eine komische Garage.

Als man dann deutlich sah was es geben sollte hieß es, ein Schiff aus Eisen schwimmt doch nie. Gunningen war immerhin 60 Km vom Bodensee weg und damals noch sehr ländlich.

Während des Rumpfbaues hatten wir überall Blei aufgekauft. Dies war vor allem der Job meiner Frau bei den Reifengeschäften die alten Auswuchtgewichte aufzukaufen. So konnten wir, als es soweit war den Hubkiel mit Blei auszugießen. Und auch gleich die Barren für den Innenballast machen. Ich schweißte also aus Restblechen eine Schmelzwanne zusammen. Darunter eine Brennschale, noch einige Formen und es konnte losgehen. Der Kiel war senkrecht in die Erde eingegraben so dass das flüssige Blei nach dem Abstich über eine Rinne hineinfließen konnte. Geheizt wurde mit Altöl das ich auch gesammelt hatte seit das Schiffbauprojekt in die heiße Phase kam. Um das Geld für meine geplante Reise zusammen zu bekommen habe ich natürlich auch meine Autos selber repariert und gewartet sowie Ölwechsel gemacht. Die Umwelthysterie war selbst damals schon so weit dass ich diese Aktion lieber bei Nacht ausführte dass man den Rauch nicht sah. Als ich irgendwann nachts als alles fertig war ins Badezimmer kam schaute mich aus dem Spiegel ein Neger an.

Irgendwann war der Rumpf dann mal stahlbaumäßig fertig und musste innen und außen gesandstrahlt und grundiert werden. Dabei stellte ich wieder mal fest in welch kalter Gegend ich wohnte. Selbst im August war es nicht immer warm genug um Epoxydfarben genau nach Vorschrift zu verarbeiten.

Ein Sandstrahlgerät und den Kompressor dazu konnte ich mir im Ort zu einem Pauschalpreis mieten. So konnte ich, wann immer das Wetter schön war und ich Zeit hatte, stückchenweise strahlen und gleich grundieren. Ich musste ja auch noch Papier verkaufen um Geld zu verdienen.

Der Dreck beim Sandstrahlen war ungeheuer. Von einem kleineren Lastwagen voll Quarzsand blieb kaum ein Schubkarren voll übrig. Der Rest war in der Landschaft, genauer in den Gärten der Nachbarn verteilt.

Wenn man über ein Jahr nur mit Stahl gearbeitet hat ist man dann ganz scharf darauf endlich mal was anderes zu machen. So ging ich denn mit Feuereifer an den Innenausbau. Zuerst mussten natürlich noch die Fenster rein damit auch bei schlechtem Wetter darin gearbeitet und auch geheizt werden konnte. Die einzelnen Teile fertigte ich in meiner Werkstatt vor. Grosse Mühe gab ich mir auch mit der Isolierung, ich wusste ja noch nicht dass ich mich meist in den Tropen aufhalten sollte. Damals dachte ich noch an Patagonien und so.

Um einen ordentlichen Preis zu bekommen hatte ich genau ausgerechnet wie viel Sperrholzplatten ich in welcher Stärke und Format brauchen würde. Dafür holte ich mir dann Angebote ein. Gelagert habe ich die Platten dann, damit sie sich nicht verzogen, auf dem Boden unter dem Esszimmertisch. Der stand dann halt auf einem Podest das so ganz langsam immer niedriger wurde. Der Holzausbau war so in etwa eine Arbeit für den Winter. Im Sommer waren mehr Außenarbeiten wie Montage der Winschen und Beschläge, Anfertigung von Bugkorb etc angesagt. Im nächsten Winter wieder die Elektrik und so weiter.

Gekauft habe ich alles gleich wenn ich gerade Geld hatte manches viel zu lange im Voraus. Zu allen Pumpen z.B. gleich einen Reparatursatz dazu. Da waren dann manchmal wenn man das Zeug endlich brauchte die Membranen schon spröde.

Aber durch die Inflation die damals in England wütete konnte man dort unwahrscheinlich billig einkaufen. Trotz Fracht zahlte man immer nur ein Drittel bis die Hälfte von Niemayers Preisen. Der verkaufte das gleiche. Von dem hatte ich den Katalog wegen der Daten. Mein Englisch war damals noch nicht so gut um mich in den englischen zurechtzufinden. Die Qualität war sehr unterschiedlich. Die Ankerkette z.B. die ich nur deshalb von England bezog dass sie auch auf die Nuss der Ankerwinsch passte, riss mir zweimal bei Sturm. Das erstemal schon nach vielleicht 20 mal ankern. Die Ankerwinsch von Simpson & Lawrence machte nie Ärger, erst jetzt beim neuen Eigner ist mal ein Relais durchgebrannt.

Irgendwann wurde das Schiff fertig, d.h. ich musste mich mal um Abtransport Kranwagen und so kümmern. Das Schiff hatte ich an meiner Grundstücksgrenze neben einem Acker gebaut. Der Acker war immer ziemlich trocken gewesen so dass ich geplant hatte den Dampfer im Winter darüber abtransportieren zu lassen. Ausgerechnet in diesem Jahr, 1981, war er nass und total aufgeweicht. Als der Kranunternehmer sich die Sache ansah hieß dann das sei nur mit Baggermatten möglich. Und natürlich nicht zu einem Pauschalpreis.

Über die Werkstatt in den Hof ging auch nicht da war kein Platz für den Kran. Von Nachbars Grundstück aus wäre die Ausladung zu groß gewesen. Also was tun ?

Da das Schiff ja mit eingezogenem Kiel flach auf dem Boden stand beschloss ich es selber auf Rollen in die Garageneinfahrt zu bringen. Von dort wäre es problemlos abzutransportieren. Dazu musste ich es zuerst 10 m nach vorn, auch noch leicht bergauf rollen. Dann auf der Stelle drehen und nochmals 25 m rollen wobei man aber dann einen Traktor einsetzen konnte. Dieser Transport kostete mich die gesamte Freizeit eines Monats. Ich musste das Schiff auf einen Schlitten setzen den ich zusammenschweißte. Darunter die Rollen, geliehene Koppelstangen aus Rohr, und darunter als Schienen ebenfalls geliehene Doppel T Träger. Um das Schiff darauf zu bewegen musste ich dann immer einen Anschlag anschweißen und es den Hubweg eines hydraulischen Wagenhebers vorzuschieben. Da sind1o m ziemlich weit. Um es dann um 9o Grad zu drehen musste ich den Schlitten , ca. 5 m lang, um einen Drehpunkt nach der Seite rollen. Das Fazit selbst heute 24 Jahre später : lieber nochmals ein ganzes Schiff bauen.

Aber es stand zum Schluss im Hof und konnte jederzeit abtransportiert werden. Eine der letzten Arbeiten war das UKW Funkgerät einzubauen. Damals machte die Post daraus noch einen großen Kult. Da kam extra ein Funkmesswagen aus Reutlingen mit 2 Mann die aber auch noch nie eine Seefunkstelle abgenommen hatten.

Dann fehlte nur noch die Windschutzscheibe und ein Bock für den Mast und es konnte losgehen.